Freiwillige Feuerwehr – ein nicht ungefährliches Ehrenamt

Bottrop. 320 Helfer setzen im Ernstfall ihr Leben zur Rettung anderer aufs Spiel. Das Engagement kostet viel Zeit, denn damit jeder Handgriff sitzt, muss geübt werden. Deshalb ist die Freiwillige Feuerwehr immer auf der Suche nach Nachwuchs.

Rückt in Bottrop die Feuerwehr aus, dann sind neben den Berufskräften in der Regel immer auch Kräfte der Freiwilligen Feuerwehr im Einsatz. Acht Ortswehren gibt es in Bottrop, verteilt auf die verschiedenen Stadtteile. Sie werden, je nach Einsatzort, alarmiert und rücken dann ebenfalls aus.

130 Berufsfeuerwehrleute

320 aktive ehrenamtliche Feuerwehrleute engagieren sich in Bottrop und setzen im Ernstfall ihr Leben aufs Spiel. Zum Vergleich: Ihnen stehen 130 Berufskräfte gegenüber. Außerdem gehört zur Freiwilligen Feuerwehr die Ehrenabteilung. Dort hinein werden die über 60-Jährigen versetzt, die nicht mehr aktiv im Einsatz sind. Das sind noch einmal rund 100 Leute.

Ohne die Unterstützung durch die Ehrenamtlichen sähe der Brandschutz in der Stadt vermutlich anders aus. Vor allem wäre er wesentlich teurer. Ohne die Freiwilligen müssten mehr Berufskräfte eingestellt werden. In Feuerwehrkreisen ist das bekannt als „Bottroper Modell“. Kim Heimann, Leiter der Berufsfeuerwehr, geht davon aus, dass „wenn die Freiwillige Feuerwehr nicht die Schlagfähigkeit hätte, die sie hat, wir mindestens zehn Leute mehr einstellen müssten“. Die Kosten beziffert er auf rund 500 000 Euro.

Magnus Thesing engagiert sich bei der Ortswehr in Grafenwald und ist Sprecher des Stadtfeuerwehrverbandes. Er weiß, wie viel Einsatz für dieses besondere Hobby nötig ist. Schließlich müssen die Retter für die Brandbekämpfung ausgebildet sein und im Einsatz auch in der Lage sein, die Ausrüstung der Berufsfeuerwehr zu bedienen. Denn im Zweifelsfall müssen am Einsatzort alle Hand in Hand arbeiten – egal ob Freiwilliger oder Berufsfeuerwehrmann. „Die Zeiten, in denen die Freiwillige Feuerwehr nur als Feld-, Wald- und Wiesenfeuerwehr galt, sind vorbei. Man erwartet, dass wir im Einsatz unseren Mann stehen“, so Thesing.

„Die Grundausbildung dauert 120 Stunden, aufgeteilt in Blöcke á zwölf Stunden die Woche“, sagt Thesing. Doch vor dem Einstieg steht eine ärztliche Untersuchung, um festzustellen, ob der Anwärter der körperlichen Belastung überhaupt gewachsen ist. „Es soll so sein, dass alle Freiwilligen zu hundert Prozent die Belastung unter Atemschutz aushalten“, so Feuerwehrsprecher Christoph Lang.

Übungsabende unter der Woche

Neben dem Grundlehrgang stehen weitere Schulungen an. Etwa zweistündige Übungsabende in jeder Woche. Dann stehen gesetzliche Regelungen oder auch das Üben an neuem Material auf dem Stundenplan. Viel Zeit also, die für dieses verantwortungsvolle Ehrenamt benötigt wird.

Wenn der Alarm geht, darf auch der Freiwillige Feuerwehrmann keine Zeit verlieren. „Ich habe meine Ausrüstung immer griffbereit“, sagt Thesing. Das gelte für fast alle Kameraden. Von zu Hause aus macht er sich dann auf den Weg zum Gerätehaus. Sind sechs Kräfte da, rückt die Ortswehr aus.

Von deren Einsatz profitiere auch die Berufsfeuerwehr immer wieder, sagt Lang. „Die kennen ihren Ausrückebereich, ihren Stadtteil und ihre Nachbarschaft richtig gut.“ Das sei bei Einsätzen eben ein großer Vorteil, vor allem wenn improvisiert werden müsse – und das gehöre eben auch immer wieder zum Feuerwehralltag.

Thesing sieht das Engagement, das die vielen Ehrenamtlichen an den Tag legen. „Sie tun etwas für die Gesellschaft.“ Die honoriert das inzwischen wenigstens, indem sie die Ausrüstung stellt – und zwar dieselbe, die auch die Berufskräfte haben. Das sei vor 20 Jahren teilweise noch anders gewesen, sagt auch Lang, „da hatten Freiwillige im Einsatz noch Gummistiefel an.“

Auf der Suche nach Lebensrettern

Neben der Freiwilligen Feuerwehr gibt es in Bottrop eine starke Jugendfeuerwehr. Hier engagierten sich rund 100 Mitglieder, so Feuerwehr-Chef Kim Heimann. Für die Ortswehren ist die Jugendfeuerwehr ein wichtiges Reservoir für neue Mitglieder. Denn sobald die Nachwuchskräfte volljährig sind, können sie Mitglied in der jeweiligen Ortswehr ihres Stadtteils werden. Das klappt bisher ganz gut, so kommen immer wieder neue freiwillige Kräfte in die Ortswehren.

Trotzdem muss die Freiwillige Feuerwehr die Werbetrommel rühren. Mit einer Broschüre und einer Kampagne im Internet suchen die Ortswehren weitere Mitglieder. Denn zwar sei an sich immer Nachwuchs da, sagt Thesing, „aber wenn die Mitglieder eine Familie gründen, verlassen einige die Wehr auch wieder“, so die Erfahrung.

Hinzu kommt die Belastung durch den Beruf. Denn manchmal seien die Leute bei ihrem Abreitgeber nicht abkömmlich oder aber der Arbeitsort ist zu weit weg vom Wohn – und Einsatzort. In Zeiten, in denen das Pendeln zum Arbeitsplatz eher Regel als Ausnahme ist, kommt das auch immer häufiger vor. Deshalb ist es wichtig, dass das Reservoir der freiwilligen Kräfte bei den Ortswehren möglichst groß ist, schließlich ist nicht immer jeder bei jedem Einsatz mit dabei.

Generell gelte, dass Freiwillige Feuerwehrleute vom Arbeitgeber für ihr Ehrenamt frei zu stellen seien, verweist Christoph Lang auf geltendes Recht. „Aber in der Praxis wird das schwieriger.“ Der Druck auf die Firmen werde größer, viele Unternehmen bauten Personal ab, es gebe kaum Reserven, um Fehlzeiten aufzufangen.

Magnus Thesing und Christoph Lang sind sich einig: „Freiwillige Feuerwehr ist Arbeit.“ Denn der Besuch der Übungsabende etwa sei Pflicht. Doch bei aller Arbeit gehöre die Geselligkeit dazu, so Thesing. Warum? „Ohne Kameradschaft geht es nicht, weil man sich ja im Einsatz blind aufeinander verlassen können muss.“ Deshalb fänden regelmäßig Leistungsmärsche der Feuerwehr statt. Gemeinsam gilt es Aufgaben zu lösen, im Wettkampf gegen andere Ortswehren. „Das schweißt zusammen.“ Auch sonst ist der Kontakt untereinander wichtig. Thesing: „Manche Gespräche sind einfacher unter Feuerwehrleuten. Das ist eine Form der Verarbeitung.“ Denn zum Ehrenamt Feuerwehr gehören schlimme Erlebnisse und Erinnerungen.

Copyright: Derwesten.de 04.10.2013 | 18:43 Uhr